In Deutschland gilt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) als Grundlage für alle Bauverträge. Wir erklären, auf was du beim Bauvertrag achten musst und welche Rechte du im Fall von Baupfusch bzw. Baumängeln hast.

1. Baurecht – Welche Gesetze gelten für mein Projekt?

Für dein Bauprojekt in Deutschland gilt automatisch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), weil es die gesetzliche Grundlage ist. Für einen Bauvertrag gelten die Gesetze für Werkverträge (BGB Titel 9, ab §631) worunter es auch ein Kapitel für Bauverträge gibt (BGB Titel 9, Kapitel 2, ab §650).

Aber was bedeutet ein Werkvertrag? Der Werkvertrag besagt, dass die vertragliche Leistung nicht nur reine Arbeitszeit ist, sondern am Ende ein fertiges Werk abgeliefert werden muss. D.h. für dein Bauprojekt, dass die Baufirmen, Architekt:innen und Planner:innen nicht nur für das Erbringen der Arbeitszeit und -leistung vertraglich verpflichtet sind, sondern sie sind am Ende ein fertiges und fehlerfreies Haus schuldig.

Zusätzlich gibt es in Deutschland noch die Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (VOB/B), die allerdings nach mehreren Rechtsurteilen ihre Bedeutung für den privaten Einfamilienhausbau verloren haben. Die VOB/B ist ein Klauselwerk, welches vorformulierte Vertragsbedingungen enthält, die die Gesetze des BGB ergänzen und modifizieren. Sie findet vor allem Anwendung bei öffentlichen und großen Bauprojekten. Die VOB/B unterliegt der AGB Kontrolle nach §§ 307 ff. Für Bereiche, die durch die VOB/B nicht abgedeckt werden, gilt automatisch das BGB. Im privaten Bausektor gelten für Auftraggeber:innen nur die vorteilhaften Regelungen, weshalb Baufirmen eher keinen Vertrag auf Basis der VOB/B abschließen wollen, außer die Auftraggeber:innen bestehen explizit darauf. In diesem Falle gelten dann alle Regelungen, auch die negativen. Daher muss die VOB/B explizit vereinbart werden, denn ein Hinweis darauf reicht nicht aus.

Bauträgerverträge laufen anders ab, weil diese zusätzlich auch Kaufverträge sind. Für sie gelten zusätzlich einige Vorschriften der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV).

Durch den Bedeutungsverlust der VOB/B im privaten Wohnungsbau enthalten die Verträge selbstformulierte Vertragsklauseln, die weder auf dem BGB noch auf der VOB/B basieren. Das sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs), aka Kleingedrucktes. Aber auch die AGBs unterliegen dem BGB und sind nicht uneingeschränkt wirksam, wenn sie gegen Leitgedanken von Gesetzen verstoßen. Einzelne AGBs können dadurch unwirksam werden und werden automatisch durch die Regelungen des BGB ersetzt. In diesem Falle bleiben die restlichen AGBs weiterhin wirksam. Daher ist es wichtig den Bauvertag prüfen zu lassen.

2. Bauvertrag – Ist eine Prüfung sinnvoll?

Bauverträge können Fallstricke enthalten, die spätere Regressansprüche schwierig machen können. Daher sollte man den Bauvertrag vor Unterschrift prüfen lassen. Hier liegt die Betonung auf VOR der Unterschrift. Spätere Änderungen funktionieren in der Praxis meistens nur noch über Anwälte, Gerichtsverfahren und Mehrkosten.

Als Teil vom Bauvertrag gilt die Bau- und Leistungsbeschreibung (LV). Je detaillierter diese ist, umso besser. Dadurch lässt sich das Preis-Leistungsverhältnis und die spätere Qualität der Bauleistungen und der Ausstattung beurteilen. Die Bau- und Leistungsbeschreibung sollte folgende Punkte enthalten:

  • Bauweisen
  • Technische Eigenschaften
  • Eigenschaften der Bauteile (u.a. U-Werte)
  • Ausbaustandard
  • Auflistung der Ausstattung
  • Energiestandard
  • Materialien
  • Oberflächen
  • Hersteller, Fabrikate, Typen, Farben

Wenn die Leistungsbeschreibung keine spezifischen Angaben macht, sondern allgemeinen Formulierungen, wie z.B. „handelsübliche Qualität“, „gehobene Qualität“, „deutsche Markenware“ oder den Beisatz „oder gleichwertig“ enthält, ist Vorsicht geboten. Die Formulierungen geben den Auftragnehmer:innen viel Spielraum und garantieren keine bestimmten Produkte.

Wichtig ist, alles genau zu prüfen, denn was nicht im LV festgelegt wurde, darauf haben die Auftraggeber:innen auch keinen Anspruch. Änderung am Vertrag und Leistungsverzeichnis können nur mit beiderseitigem Einverständnis durchgeführt werden und sollten generell schriftlich erfolgen.

Es ist empfehlenswert den Bauvertrag und das Leistungsverzeichnis vor der Unterschrift prüfen zu lassen. Der Vertrag kann durch eine:n Fachanwalt:in und das Leistungsverzeichnis von Sachverständigen geprüft werden. Für die Prüfung kann man sich an die Verbraucherzentralen des jeweiligen Bundeslandes oder an dem TÜV wenden. Die Preise liegen je nach gewünschter Leistung zwischen 50 und 150€ pro Stunde. Auch Vereine wie der Bauherren Schutzbund bieten diese Leistung für ihre Mitglieder an.

3. Baupfusch – Wann liegt ein Baumangel vor?

Kostendruck und Mangel an Fachkräften haben in den letzten Jahren zu viel Baupfusch auf Baustellen geführt. Für Bauherr:innen bedeutet das vor allem Bauzeitenverzögerungen und zusätzliche Kosten.

Aber was ist eigentlich ein Baumangel? Hier kann zwischen einem Schaden und einem Mangel unterschieden werden. Ein Schaden ist eine Abweichung von Ist-Zustand. D.h. es findet eine nachträgliche Veränderung am Bauwerk statt. Diese Veränderung kann die vorgesehene Funktion, wie z.B. das Aussehen, die Gebrauchstauglichkeit, die Dauerhaftigkeit oder sogar die Standsicherheit wesentlich beeinträchtigen. Ein Mangel ist dagegen die Abweichung vom Soll-Zustand. D.h., dass die vereinbarte oder normalerwiese zu erwartende Beschaffenheit nicht erreicht wird.

Der Baumangel ist ein Rechtsbegriff aus dem BGB und der VOB/B. Ein Bauschaden wird in diesem Sinne durch einen Baumangel ausgelöst. Das BGB schreibt klar, dass der Auftragnehmer das Werk frei von Sachmängeln zu verschaffen hat. „Ein Mangel liegt vor, denn das von der Firma hergestellte Werk nicht mit dessen vereinbarter Beschaffenheit übereinstimmt“ (§633 BGB, Abs. 1 und 2) Wenn keine Beschaffenheit vereinbart wurde, dann gilt das Werk als Sachmängelfrei, wenn es sich für die laut Vertrag vorausgesetzte Verwendung bzw. gewöhnliche Verwendung eignet.

Für Verträge nach VOB/B gilt nach §13 Abs. 1 die Leistung als Sachmangelfrei bei der Abnahme, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit aufweist und den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Wenn keine Beschaffenheit vereinbart wurde, dann gilt, dass die Leistung frei von Sachmängeln ist, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte bzw. für die gewöhnliche Verwendung eignet, eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken gleicher Art üblich ist und die die Auftraggeber:innen nach der Art der Leistung erwarten kann. D.h. das nach VOB/B schon ein Mangel vorliegt, wenn von der Leistungsbeschreibung abgewichen wird. Wenn mit dem Stand der Technik argumentiert wird, wird es kompliziert, denn die technischen Regeln ändern sich kontinuierlich und können sich sogar schon zwischen den DIN-Normen und anderweitigen Vorschriften widersprechen.

Deswegen nochmal der Hinweis, dass es sehr wichtig ist, dass die Bau- und Leistungsbeschreibung so ausführlich wie möglich ist und die oben gelisteten Informationen enthält.

Versicherungen können ggf. die Kosten für entstandene Schäden abdecken. Mehr Informationen findest du dazu in unserem Experteninterview mit Birgit Brüsseler.

Ein typisches Schadensbild ist Risse im Beton. Aber nicht jeder Riss ist gleich ein Mangel oder Schaden. Hier findest du einen ausführlichen Artikel über Risse im Beton und deren Beurteilung.

4. Baumängelbeseitigung – Wie läuft die Beseitigung von Mängeln ab?

Liegt ein Baumangel vor, stellt sich die Frage nach der Ausbesserung. Wann ein Baumangel ausgebessert werden muss, kann folgendermaßen unterschieden werden:

  1. „Abweichungen innerhalb handelsüblicher oder technischer Toleranzen“ müssen nicht beseitigt werden. Dafür braucht es aber eine fachkundige Bewertung im Einzelfall.
  2. Mängel, deren Beseitigung unverhältnismäßig oder unmöglich ist, müssen ggfs. nicht beseitigt werden. Auch hier benötigt es eine Bewertung im Einzelfall. Hier gibt es meistens dann einen Anspruch auf finanziellen Ausgleich („Minderwert“).
  3. Treffen Nr. 1 und 2 nicht zu, dann muss ausgebessert werden.

Wenn ein Baumangel vorliegt, der ausgebessert werden muss, dann haben die Auftraggeber:innen Anspruch auf Beseitigung ohne Mehrkosten schon während der Bauphase. In diesem Fall dürfen die Bauherrinnen einen Teil der Abschlagszahlung in Höhe der doppelten Summe von den geschätzten Beseitigungskosten, einbehalten

Bei Eigenleistungen wird es komplizierter. Mehr Informationen zu diesem Thema findest du in unserem Artikel „Eigenleistungen planen und umsetzen“.

Jeder Mangel muss gesichert, dokumentiert und schriftlich beim Bauunternehmen angezeigt werden (eine gute Baudokumentation und das Bautagebuch sind wichtig, siehe dazu auch unsere Bautagebuch-App). Ganz wichtig ist, dass die Meldung nicht an den Subunternehmer erfolgt, sondern an die Vertragspartner:innen. Diese müssen das selber mit den Subunternehmern regeln. Bei dieser Meldung solltest du direkt eine Beseitigungsfrist setzen. Bei kleinen Bagatellschäden kann diese 14 Tage betragen. Wasserschäden müssen direkt beseitigt werden. Bei ganz schwierigen und komplizierten Fällen sollte ein gerichtliches Beweisverfahren eingeleitet werden.

 

Wichtig ist, dass vor Abschluss der Beseitigungsfrist, die Schäden nicht selber ausgebessert werden, weil dann der Anspruch aus Beseitigung oder Entschädigung entfällt. Jedem Unternehmen sollte erst die Chance gegeben werden, den Baumangel selber zu beseitigen. Das ist die sogenannte Nacherfüllung gemäß BGB (§635 Abs. 1)

Weitere Möglichkeiten danach sind:

  • Baumangel selbst beseitigen: Dafür gilt erstmal eine Selbstvornahme und dann das Verlangen der erforderlichen Aufwendungen vom Bauunternehmen oder mit Kostenvorschuss
  • Rücktritt vom Vertrag (je nach Vertrag ggf. nicht möglich)
  • Minderung der Vergütung
  • Schadensersatz

Die Bauherr:innen können nicht entscheiden, ob die Beseitigung des Mangels durch eine Nachbesserung oder eine Neuherstellung erfolgt. In dieser Thematik müssen sich beide Parteien gütlich einigen.

Im Grunde müssen die Auftragnehmer:innen die unmittelbaren Kosten für die Beseitigung des Mangels tragen (oder den Schadensersatzanspruch). Das gilt auch für Folgekosten, die ggf. nicht dem Aufgabengebiet der Firma entsprechen. D.h. wenn auf Grund eines Baumangels an den Wasserleitungen die Wand geöffnet werden muss, dann muss der Installateur auch die Kosten für die Wiederherstellung der Wand tragen.

5. Gewährleistung – Wie lange kann ich einen Baumangel geltend machen?

Laut BGB gilt eine Gewährleitungsfrist von 5 Jahren, gemäß VOB/B nur 4 Jahre. Diese Verjährungsfrist beginnt grundsätzlich mit der Abnahme der Bauleistung durch die Bauherr:innen. Nach der Abnahme geht die Nachweispflicht vom Bauunternehmen auf die Bauherr:innen. Dh. vor Abnahme muss das Unternehmen nachweisen, dass der Baumangel nicht durch sie verursacht wurde und nach Abnahme, müssen die Bauherr:innen nachweisen, dass der Baumangel durch das Unternehmen verursacht wurde. Ausgenommen von diesen Regelungen sind verschwiegene Baumängel oder arglistige Täuschung. In diesen Fällen gilt eine Verjährung von 3 Jahren nach Kenntnisnahme des Schadens durch die Bauherr:innen.

Wenn ein Mangel behoben wurde, dann beginnt die Gewährleistungsfrist für dieses Gewerk bzw. Bauteil von neuem. Damit kein Baumangel vor der Bauabnahme unentdeckt bleibt, ist es sinnvoll von Baubeginn eine sachverständige Baubetreuung mit einzubeziehen.

6. Bauabnahme – Muss ich einen Sachverständigen beauftragen?

Für private Bauherren ohne vertiefte Fachkenntnisse ist es sinnvoll von Projektbeginn an eine:n Sachverständigen zu beauftragen. Jedes Bauprojekt birgt unzählige Möglichkeiten für Fehler und die eigene Fachkenntnis sollte nicht überschätz werden. Bausachverständige prüfen bei der Endabnahme über 200 verschiedene Punkte und haben jahrelang Erfahrung mit den typischen Baumängeln gemacht.

Auf der Seite des Bauherren Schutzbundes e.V. findest du eine lange Liste an Studien über potentielle Baufehler. Die häufigsten Baumängel haben wir dir in unserer Checkliste zu Baumängel und Bauschäden“ zusammengestellt.

Viele von diesen Fehlern sind von einem Laien nicht erkennbar. Daher sollten sich Bauherren eine:n Sachverständigen für die Abnahme nehmen, um wirklich alle Mängel festzustellen, auch die versteckten. Am besten ist es eine:n Sachverständigen von Anfang an mit an Bord zu haben, um schon einzelne Gewerke überprüfen zu lassen und nicht erst bis zur Bauendabnahme zu warten. Viele Baufehler sind nach Fertigstellung ggf. nicht mehr zu entdecken, sondern können Probleme erst in vielen Jahren hervorrufen.

Sachverständige können über die verschiedenen Bauherr:innen Vereine, Dekra oder die unterschiedlichen TÜVs gefunden werden.

Alles was du über die örtliche Bauüberwachung wissen musst, findest du in unserem Artikel „Örtliche Bauüberwachung und Bautagebuch“.

 

Autorin: Ester Karl

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