Wo und wie findet man den richtigen Architekt? Insider-Infos verrät Architekt Carsten Stemmer im Experten-Interview. Und die wichtigsten Fakten finden Sie in den Checklisten.
Architekt finden – Ein Interview mit Architekt C. Stemmer
Zur Person: Carsten Stemmer ist Architekt und gelernter Tischler und arbeitet als Planer, Bau- und Projektleiter bereits seit mehr als 20 Jahren in der Branche. Er ist Gründer von baumensch.de einer unabhängigen Matching-Plattform die Bauherren, Bauexperten und Firmen miteinander vernetzt und dabei hilft die richtigen Bau-Partner zu finden.
Was sind Ihrer Erfahrung nach die größten Fehler die ein Bauherr bei der Architektensuche und Architektenwahl machen kann?
Architekt C. Stemmer: Zunächst mal ist es sehr gut, wenn Bauherren die Zusammenarbeit mit Architekten schätzen. Bauprojekte sind immer Partner-Projekte. Gute Kommunikation ist dabei der Schlüssel zum Erfolg. Wer die Wichtigkeit von Kommunikation unterschätzt, macht den größten Fehler. Noch vor dem ersten Entwurf sollten die Baupartner sicherstellen, dass die Chemie zwischen ihnen stimmt. Erst danach folgt der nächste gemeinsame Schritt – so ähnlich wie im wahren Leben.
Welche Kriterien sind bei der Architektenwahl besonders wichtig?
Architekt C. Stemmer: Wenn man „auf einer Wellenlänge“ ist, sind natürlich die Fachkompetenzen besonders wichtig: Die Planer sollten Routine in der Bauaufgabe haben. Wer regelmäßig Supermärkte plant, kann keinen Kindergarten bauen – jedenfalls nicht ohne Unterstützung. Ich halte es daher für eine Pflicht, sich bei anderen Experten schlau zu machen, wenn man selbst mit einer Bauaufgabe wenig Erfahrung hat.
In der Praxis ist das leider die Ausnahme. Die Kollegen fuchsen sich in die neue Aufgabe rein und wurschteln sich irgendwie durch. Doch so entsteht eben nicht die optimale Lösung, die der Bauherr erwarten darf. Da die Komplexität am Bau von Jahr zu Jahr größer wird, sollten sich die Kollegen nicht nur vernetzen können – sie müssen es geradezu wollen.
Checkliste: Architekt suchen*
- Persönliche Empfehlungen und Referenzprojekte (spielt eine besonders Wichtige Rolle)
- Bundesarchitektenkammer Deutschland
- Architektensuche in Österreich
- Architektensuchportale/Branchen-Verzeichnisse/Google-Maps die Suche im Internet bietet viele Möglichkeiten, beachte aber dass hier jeweils nicht alle in Frage kommenden Architekten vertreten sind.
*Infos von der Redaktion ergänzt.
Checkliste: Welcher Architekt ist gut?*
- Örtliche Nähe
- Bereits realisierte Projekte recherchieren
- Lass dir die Berufshaftpflichtversicherung vorlegen
- Die Chemie und Kommunikation muss stimmen. Stelle ganz viele Fragen, zB: Erfahrung mit ähnlichen Projekten? Wie steht er zu den verschieden Themen des Bauens wie Ökologie, Energieeffizienz, kostensparend bauen, Bauweise…? Möchte er sich ein architektonisches Denkmal setzen oder geht er sensiebel auf Ihre Vorstellungen ein? Bezieht er andere Beteiligte (z.B. Bodengutachter, Statiker, Bearbeiter beim zuständigen Amt, etc.) bereits frühzeitig in die Planung mit ein?
*Infos von der Redaktion ergänzt.
Welche Fragen sollte man dem Architekt stellen, bevor man ihn engagiert?
Architekt C. Stemmer:
- Wie sieht das Planungsteam aus? Welche Personen sind das konkret? Darf ich das Team kennenlernen? Mit welchen Fachplanern arbeiten sie zusammen?
- Arbeiten sie mit BIM? Warum? Warum nicht? (Anmerkung der Redaktion: BIM – Building Information Modeling; deutsch: Bauwerksdatenmodellierung)
- Welche Projekte haben sie in den letzten fünf Jahren fertiggestellt?
…es gibt unendlich viele Fragen und jede Antwort darauf komplettiert das Bild vom Dienstleister. Ich würde die Fragen immer an der Bauaufgabe ausrichten. Da die immer anders ist – unterschiedliche Bauherren haben unterschiedliche Anforderungen – gibt es auch immer andere Fragen. Und man muss die richtigen Fragen stellen! Bauherren sind darin jedoch nicht geübt. Sie kennen die richtigen Fragen nicht. Und weil das so ist, haben wir das in unserem Qualitäts-Management und im Matching-Algorithmus berücksichtigt.
Wieviel darf/soll ein Architekt kosten? Und was ist ein seriöses Angebot?
Architekt C. Stemmer: Es kommt darauf an. Gehen Sie in ein Autohaus und fragen sie: „Was kostet ein Auto?“ Ganz im Ernst: Es gibt eine Honorarordnung. Diese regelt die Vergütung aller Planerleistungen. Dabei wird regelmäßig übersehen, dass Bauherren auch Teile davon in Anspruch nehmen können, wenn bestimmte Leistungen nicht erforderlich sind. Das hängt vom Einzelfall ab und sollte von einem Fachmann beurteilt werden. Das Planerhonorar richtet sich im Grunde nach zwei Dingen:
- Komplexität (Komplizierte Baustelle braucht mehr Zeit für Planung und Koordination: z.B. Arztpraxis, Labor mit viel Haustechnik, Reinräumen, Vorschriften)
- Nach Bauvolumen / Kosten (wenn mehr gebaut wird, muss mehr koordiniert werden/Krankenhaus, analog zur Arztpraxis)
Ein seriöses Angebot muss für den Bauherrn nachvollziehbar sein. Der Anbieter muss es detailliert erläutern und der Bauherr muss es verstehen können. Bauherren müssen verstehen, dass Baumanagement Zeit „verbraucht“. Teilt man das Gesamthonorar durch einen fiktiven Stundensatz/Tagessatz, dann erhält man die Arbeitszeit in Stunden oder Tagen. So werden die Leistungen sehr schnell auch für Bau-Laien transparent und Vertrauen entsteht.
Intelligente Planung spart viel Geld – das lässt sich schnell nachweisen. Bauherren sollten sich vor Augen führen, dass Architektenleistung nicht nur aus der Planung besteht, sondern auch aus Baubetreuung und Bauleitung. Der Architekt ist zudem der neutrale Anwalt des Bauherrn.
Checkliste: Architektenkosten
Die Kosten für den Architekt werden in der HOAI geregelt (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure). Bemessungsgrundlage sind die Baukosten (ohne Inneneinrichtung und Nebenkosten wie Grundkosten, Grunderwerbssteuer, Honorare etc.).
- Normales Einfamilienhaus (Honorarzone III): 14-17,5% der Baukosten
- Aufwändiges Einfamilienhaus (Honorarzone IV): 17,5-20% der Baukosten
Die von-bis-Spanne je Honorarzone zeigt die Mindest- und Höchstsätze wenn der Architekt für alle Teilleistungen beauftragt ist. Diese von-bis-Spanne ist Verhandlungssache zwischen Bauherrn und Architekt. Es empfielt sich sehr ein Erfolgshonorar für preiswertes Bauen im Vertrag zu vereinbaren. Damit liegt es auch im Interesse des Planers, so preiswert wie möglich zu bauen.
Architekt Teilleistungen nach HOAI
- Grundlagenermittlung (Aufgabenstellung, Leistungsbedarf, Bestandsaufnahme, Standortanalyse, Kostenschätzungen) 2%
- Vorplanung mit Kostenschätzung 7%
- Entwurfsplanung und Kostenberechnung 15%
- Genehmigungsplanung 3%
- Ausführungsplanung 25%
- Vorbereitung der Vergabe, einschließlich Ermitteln der Mengen und Aufstellen von Leistungsverzeichnissen (LV) 10%
- Mitwirkung bei der Vergabe inklusive Kostenanschlag 4%
- Objektüberwachung – Bauüberwachung und Dokumentation 32%
- Objektbetreuung 2%
Kann der Bauherr selbst etwas für einen guten und reibungslosen Planungsablauf beitragen?
Architekt C. Stemmer: Es ist ganz einfach: Je besser geplant wurde, desto besser läuft der Bau. Eine intensive Planungsphase ist ein Garant für eine wirtschaftliche Lösung. Planer und Bauherr sollten so intensiv wie möglich gemeinsam ins Projekt eintauchen. Alle Parameter und Eventualitäten müssen vor Baubeginn ausdiskutiert sein. Je genauer die Vorbereitung, desto besser kann das Team – dazu gehört auch der Bauherr – auf Unvorhergesehenes reagieren. Denn irgendetwas Unvorhergesehenes passiert immer.
War die Konzeptphase zu oberflächlich, dann besteht die Gefahr, dass Themen zu spät auf den Tisch kommen. Die Folge: Änderungen müssen vorgenommen werden. Erst entsteht Mehraufwand oder Zeitverlust und dann möglicherweise erste Diskussionen um Mehrhonorare. Im schlimmsten Fall entsteht auf allen Seiten schädliche Unzufriedenheit.
Je professioneller die erste Phase durchgeführt wird, desto sicherer ist der reibungslose Projektablauf. Wir nutzen dafür Methoden des Agilen Projektmanagements und haben damit allerbeste Erfahrung gemacht. So vermitteln wir auch Bauexperten, die sich auf die Moderation dieser ersten Phase spezialisiert haben. Denn Architekten stecken oft so tief in der alltäglichen Baupraxis, dass ihnen die Zeit fehlt, sich methodisch fortzubilden und sich weiterzuentwickeln.
Checkliste: Architektenvertrag
- Die einzelnen Leistungsphasen müssen eindeutig aufgelistet sein.
- Als Berechnungsgrundlage sind die späteren Baukosten bereits jetzt abgeschätzt. Hier sollte unbedingt noch eine Reserve von rund 15%-20% berücksichtigt werden.
- Ein konkreter Zeitplan soll bereits Bestandteil des Architektenvertrags sein.
- Achte darauf, dass im Vertrag keine Architektenvollmacht erteilt wird.
- Ein Bonus-Honorar für Einsparungen bei den Baukosten sollte vereinbart werden.
- Vereinbarungen für den Fall von Kostenüberschreitungen sind ebenfalls möglich.
- Diskutiere gemeinsam mit dem Architekt kostensenkende Möglichkeiten und berücksichtigt diese im Vertrag.
Checkliste: Der gemeinsame Entwurf
Der Vorentwurf ist die wichtigste gemeinsame Entwurfs-Phase. Je professioneller diese erste Phase durchgeführt wird, desto reibungsloser ist der weitere Ablauf.
- Umfassende Vorgespräche und Handskizzen um die Bedürfnisse und Vorstellungen abzuklären.
- Der Architekt verfeinert die Ideen und legt erste Pläne vor. Die Bauherren diskutieren den Entwurf.
- Der Entwurf wird Schritt für Schritt verfeinert und optimiert bis er passt. Achtung: Bauherren die sich nicht entscheiden können und immer wieder mit neuen Ideen kommen behindern und verzögern das Bauvorhaben. Die Anzahl der Entwürfe und der Treffen kann daher im Architektenvertrag geregelt sein, bei Überschreitung muss der Bauherr extra bezahlen.
- Zum Abschluss der Entwurfsphase wird der Entwurf vom Bauherrn unterschrieben.
Haben Sie zuletzt noch spezielle Tipps für Bauherren die mit Architekten bauen wollen?
Architekt C. Stemmer: Eine Immobilie ist nicht digital und auch nicht virtuell. Schwere Steine werden von Menschenhand bewegt. Fenster werden von Menschen montiert und Dächer von Menschen gedeckt und eine Baustelle lässt sich auch nicht „fernsteuern“. Alle Baupartner – nicht nur Architekten – sollten also idealerweise aus der Region kommen. Kurze Wege zum Objekt sind gut für den reibungslosen Bauablauf und für den Dialog aller Projektbeteiligter. Alle Partner sollten sehr früh eingebunden werden, um maximales Erfahrung-Wissen ins Projekt zu bringen.
Gut, dass es Menschen sind, die ein Haus bauen. Das wird sich in absehbarer Zeit auch nicht ändern. Wir von Baumensch möchten dazu beitragen, dass möglichst keine Fehler beim Bauen gemacht werden.
Vielen Dank für das Interview!
Wenn du bereits gute Erfahrungen mit Architekten oder anderem Baupartnern gemacht hast, dann empfehle ihn/sie doch hier in den Kommentaren weiter oder laden ihn/sie ein bei Baumensch mit zu machen.
Baumensch.de ist eine Matching-Plattform, die das Planen und Bauen in eine digital vernetzte Dimension hievt. Damit wird die Suche nach den Baupartnern einfacher, transparenter und professioneller. Bauherren, Bauexperten und Firmen können sich ortsunabhängig finden und austauschen. Es entstehen perfekte Bau-Partnerschaften und es können ganze Teams einfach zusammengestellt werden.
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