Selbst den eigenen Strom erzeugen und damit autark sein? Klingt gut, aber ist eine Photovoltaik-Anlage sinnvoll? Ist sie wirtschaftlich, nachhaltig und ökologisch? Lohnt sich der Betrieb einer Wärmepumpe mit einer PV-Anlage? Hier erfährst du mehr dazu in einem ausführlichen Erfahrungsbericht mit aktuellen Daten und Fakten aus dem echten Alltag.

Zur Person: Ester ist Bauingenieurin mit besonderem Interesse für ökologisches Bauen. Sie ist Autorin vom E-BOOK NACHAHLTIG BAUEN und lebt bereits seit einiger Zeit in ihrem ökologischen KfW40+ Holz-Lehm-Haus in Bayern. Der Strom für den Hausgebrauch wird über eine Photovoltaik-Anlage erzeugt. Sie hat den tatsächlichen Verbrauch und Nutzen nun bereits vier Jahre lang getestet und berichtet von ihrer Erfahrung.

Ester Karl - Erfahrungsbericht Photovoltaik-Anlage[

Ester Karl – Erfahrungsbericht Photovoltaik-Anlage

Wie sieht euer Energiekonzept aus? Welche Heizung, Lüftung, Warmwasserbereitung, Energieträger nutzt ihr?

Wir haben ein KfW40plus Haus gebaut. Das bedeutet, wir verbrauchen mindestens 60% weniger Energie als bei einem vergleichbaren Neubau. In Deutschland werden im Durchschnitt 15,4 Liter Öl pro qm pro Jahr für Heizen und Warmwasser verbraucht. Wir haben in den letzten 5 Jahren umgerechnet im Durchschnitt ca. 1,5 Liter pro qm für Heizung und Warmwasser verwendet.

Wir heizen mit einer Luft/Wasser-Wärmepumpe der Marke Vaillant (VWF 87/4) die den Strom durch den Hoch- und Niedertarif für Wärmepumpen von den Ingolstädter Stadtwerken erhält. Der SWI Heizstrom kommt komplett aus erneuerbaren Energieträgern. Die Wärmepumpe speist einen 500l Pufferspeicher auf ca. 48 Grad Celsius. Nachts läuft ein Programm zur Legionellenvermeidung. Die Warmwasserbereitung für das Duschen wird durch einen Durchlauferhitzer unterstützt. Unsere Heizung ist eine Lehm-Wandheizung in den Räumen mit Holzdielenboden und Bodenheizung unter Fliesen. Die Vorlauftemperatur beträgt ca. 26 Grad Celsius.

Unsere Lüftungsanlage ist dezentral in jedem Raum und hat eine Wärmerückgewinnung von über 80%.

Für den Hausstrom haben wir eine Photovoltaikanlage auf dem Dach und einen Batteriespeicher. Die Nennleistung der Anlage 6,84kWp und der Batteriespeicher umfasst 5 kWh. 

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Wieviel Strom verbraucht ihr im Schnitt pro Tag im Sommer und Winter? Und was deckt die Photovoltaik-Anlage ab?

Wir haben die PV Anlage im April 2018 in Betrieb genommen, aber der erste repräsentative Monat ist der Mai 2018.

Unsere Rahmenbedingungen sind:

  • 2018: 2 Erwachsenen und 1 Kind
  • Ab 2020: 2 Erwachsenen und 2 Kinder
  • Mein Mann arbeitet im Homeoffice (oft auch nachts)
  • Während der Pandemie waren wir fast ausschließlich zu Hause
  • Bei der Anschaffung von Neugeräten haben wir auf die Energieeffizient geachtet
  • Wir haben viel Werkzeug, u.a. Geräte die über Starkstrom laufen (Kreissäge, Hobelmaschine, etc.)
  • Der Trockner hat bei uns Hochkonjunktur 😉

Unser Anlagenwerte waren von April 2018 bis Dezember 2021 waren die folgenden (alle Werte in kWh):

ErzeugtVerbrauchtAus dem Netz bezogenIns Netz eingespeistGespeichert in BatterieEntnommen aus Batterie
20185.326,33.260,6991,53.009,51.087,41.034,2
Durchschnitt 2018 484,2296,490,1273,698,994,0
20195.909,94.695,21.666,22.932,31.398,21.339,9
Durchschnitt 2019 492,5391,3138,9244,4116,5111,7
20205.978,35.133,41.933,85.476,71.387,91.327,0
Durchschnitt 2020498,2427,8161,2456,4115,7110,6
2021:
01 2021140,2479,1369,626,639,235,0
02 2021354,6460,6245,1134,486,681,8
03 2021479,8435,5154,6192,8130,6124,0
04 2021632,2442,378,6261,0159,5151,8
05 2021669,1422,069,4309,6154,5146,7
06 2021823,5359,529,5490,5137,6134,0
07 2021726,4417,547,0349,8153,3146,7
08 2021631,4440,870,5258,5160,6157,5
09 2021636,9398,385,2316,1147,5139,4
10 2021441,8478,2225,2185,7110,8107,6
11 2021137,2532,6421,323,928,426,4
12 2021138,1551,5447,629,935,230,8
Summe5.811,25.417,92.243,62.578,81.343,81.281,7
Durchschnitt 2021484,3451,5187,0214,9112,0106,8
Durchschnitt je Tag15,914,86,27,13,73,5

Wir haben eine Senec Cloud, bei der wir die Strommenge, die wir einspeisen, wieder beziehen können. Dafür bezahlen wir eine monatliche Grundgebühr basierend auf unserem Strombedarf. Produzieren wir mehr Strom, wird dieser vergütet; benötigen wir mehr Strom, wird dieser uns in Rechnung gestellt.

Die Werte beziehen sich auf den Haushaltsstrom (inkl. Lüftung). Hinzu kommt noch der Stromverbrauch für die Wärmepumpe.

Wärmepumpe mit Photovoltaik Erfahrungen: Lohnt sich der Betrieb der Luft-Wasser-Wärmepumpe über die Photovoltaikanlage?

Wir haben die Wärmepumpe nicht an die Photovoltaikanlage angeschlossen. Dafür ist unsere Anlage zu klein. Wenn jemand den selbst erzeugten Strom auch für die Wärmepumpe verwenden will, wird eine größere Anlage und einen größerer Batteriespeicher gebraucht, damit sich das lohnt. Gerade im Winter, wo die Wärmepumpe am meisten Strom benötigt, wird am wenigsten produziert. Bei der Wärmepumpe ist es wichtig, dass der zugekaufte Strom günstig ist.

Unsere Wärmepumpe hat folgende Verbräuche:

Hochtarif (kWh)Niedertarif (kWh)Gesamt (kWh)Vergleich mit Liter Öl
Okt. 2017-Sept. 20181351103523861,3
Okt. 2018-Sept. 2019955196029151,6
Okt. 2019-Sept. 20201224126924931,4
Okt. 2020-Sept. 20211467172531921,8

1 Liter Öl entspricht 11,40 kWh. Bei einer beheizten Wohnfläche von ca. 180 qm, kann so der theoretische Ölverbrauch berechnet werden. In den ersten 3 Jahren sieht man große Sprünge bei den Werten. In der Anfangszeit haben wir noch versucht die richtige Einstellung für uns zu finden, bzw. haben sich auch die Zeiten geändert an denen wir duschen/baden. Hinzu kam das der Winter 2020/2021 besonders kalt war.  

Was kostet der zugekaufte Strom und wieviel bekommt ihr durch das Einspeisen von Strom ausgezahlt?

Durch die Senec Cloud mussten wir keinen/kaum Strom zukaufen. Für diesen Strom bezahlen wir 27 Cent/kWh inklusive Stromsteuer, Grundpreis, Verrechnungspreis und Mehrwertsteuer. 

Für den eingespeisten Strom bekommen wir nach EEG PV-Einspeisung 12,20 Cent/kWh plus Mehrwertsteuer (Die Einspeisevergütung ist Abhängig vom Jahr der Inbetriebnahmen, hier findest du die aktuelle Einspeisevergütung für Strom nach EEG. Bei einer Inbetriebnahmen im Januar 2022 liegt die Einspeisevergütung bei 6,78 Cent pro kWh).

Da es für die Einspeisung wesentlich weniger Vergütung gibt, ist unser Hauptziel, so viel von unserem eigenen Strom zu verbrauchen und wenig zu beziehen. Dafür haben wir unsere Tagesabläufe angepasst. Z.B. lassen wir den Trockner und Spülmaschine hauptsächlich Mittags laufen und die Pyrolyse vom Backofen machen wir nur an ertragreichen Tagen.

Für den Heizstrom bezahlen wir als Arbeitspreis ca. 24 Cent für den Hochtarif und ca. 18 Cent für den Niedertarif. Dazu kommt noch der Grundpreis, die Stromsteuer und die Mehrwertsteuer. Wir haben bis jetzt jedes Jahr unter 1000€ für Heizen und Warmwasser bezahlt. 

Welche Photovoltaikanlage habt ihr eingebaut?

Eckdaten unserer PV-Anlage:

  • Nennleistung: 6,84 kWp (bisher erreichter Spitzenwert 3,6 kWh)
  • Generatoroberfläche: 39,01qm
  • Anzahl Module: 24 Stück monokristalline Solarzellen von Heckart Solar (NeMo 60M)
  • Dachneigung: 45 Grad mit Süd-West-Ausrichtung
  • Wechselrichter: Fronius Symo
  • Stromspeicher: 5 kWh Lithium-Ionen Batterie von Senec

Wir haben aus Kostengründen nicht das ganze Dach vollgemacht, was im Nachhinein ein Fehler ist. Nachträgliche Erweiterungen sind immer komplizierter und teuerer. 

In die Zukunft wollen wir die Anlage noch erweitern und alle möglichen Dachflächen, auch das Garagendach, mit Modulen abdecken. Zusätzlich soll der Speicher erweitert und ein E-Auto angeschafft werden. In der Garage haben wir schon die Vorbereitungen für eine Ladestation für E-Autos. Das E-Auto kann auch als zusätzlicher Speicher fungieren. 

Wieviel kostet eine PV-Anlage? 

Wir haben 2017 für unsere PV-Anlage inklusive Batteriespeicher und Installation ca. 27.500€ bezahlt. Damals gab es auch noch in Bayern das 10.000 Häuser Programm bzw. den EnergieBonusBayern über den wir 11.000€ Förderung erhalten haben. Das hat sich sehr für uns gelohnt. Damit erzielen wir auch eine sehr gute Rendite:

Lebensdauer 20 Jahren mit ca. 5.800 Einheiten pro Jahr ergibt 116.000 Einheiten. Anschaffungskosten von 16.500€ durch 116.000 ergibt 0,14 € pro Einheit. D.h. wir bezahlen wir jede produzierte kWh 0,14€. Daher ist es auch sinnvoll den Strom möglichst selber zu benutzen, da wir für die Einspeisung weniger bekommen. 

Zur Zeit bezahlen wir ca. 275€ im Jahr für Strom. Und bekommen ca. 100€ für die Einspeisung ausgezahlt. Das steht gegenüber den ca. 1.730 €, die wir ohne PV-Anlage an die Stadtwerke für Strom bezahlen müssten. Dadurch amortisiert sich unsere Anlage schon nach ca. 11 Jahren. Die restlichen 9 Jahre Laufzeit sind dann reine Gewinne. Das wären dann ca. 14.000€ bzw. eine Rendite von  ca. 85% bzw. eine Rendite von ca. 4% jährlich. 

Abgezogen werden müssen mögliche Reparaturen und Ausfälle. Unsere Gebäudeversicherung ist durch die PV-Anlage nicht teurer, aber das kann ggf. noch dazu kommen. Ebenso kann je nach Auslegung der Anlage noch die Kosten für ein Steuerberater hinzukommen. Für Anlagen über 10 kWp muss ggf. ein Unternehmen angemeldet werden. Sollte die Anlage über einen Kredit finanziert werden, dann müssen noch die Kosten für die Finanzierung von der Rendite abgezogen werden. 

Die Preise sind seitdem wieder gesunken. Ein Modul kostet zur Zeit ca. 160,00€. Allerdings gibt es kaum noch Förderungen und die Einspeisevergütung sinkt stetig.

Verwendet ihr eine Kühlung im Sommer?

Eine Kühlung haben wir zur Zeit nicht, da sonst die Bedingungen für KfW40plus nicht erfüllt werden können.

Sobald die KfW Förderung 2027 für uns ausläuft, können wir das nachrüsten. Unsere Wandheizung wäre für eine Kühlung ideal. Allerdings wäre es aus energetischer Sicht sinnvoll, wenn dann die Wärmepumpe über die PV-Anlage laufen würde, um die Kühlung so günstig wie möglich zu erreichen. Tagsüber läuft die Wärmepumpe über den teueren Hochtarif und der Strom von der PV-Anlage wäre in diesem Falle wesentlich günstiger. 

Welche Tipps für die Planung einer PV-Anlage hast du?

Für die Planung und Auslegung einer PV-Anlage sollte die Eigennutzung des Stroms im Fokus liegen. Dafür ist eine West-Ost-Ausrichtung am optimalsten.  Für die Einspeisung ist eine Süd-Ausrichtung am optimalsten. 

Das Dach sollte so optimal wie möglich genutzt werden, deswegen sind Einbauten wie Gauben und Dachfenster hinderlich. Der Winkel des Daches, solange es kein Flachdach ist, ist auch kein Hinderungsgrund. Ebenso sollte von Anfang an die komplette Dachfläche genutzt werden, da spätere Erweiterungen schwieriger und teuerer sind. Wenn Geld eingespart werden muss, dann sollte lieber der Batteriespeicher später ergänzt werden. Das ist wesentlich unkomplizierter.

Am besten ist ein ganz klassisches Satteldach mit einer Neigung zwischen 25 und 45 Grad. Zeltdächer, die zur Zeit sehr modern auf den Stadtvillen sind, bieten die wenigste Fläche. Die meisten Dächer können eine Anlage tragen, denn meistens wiegen diese weniger als eine Tonne und die einkalkulierten Schneelasten sind i.d.R. höher. Trotzdem sollte die Traglast vor Installation mit einem Statiker abgesprochen werden. 

Eine Verschattung durch Bäume oder Gebäude ist natürlich nachteilig, sollte in den meisten Fällen aber kein Hinderungsgrund für eine PV-Anlage sein. Außer natürlich die komplette Anlage wird großflächig für viele Stunden beschattet.

Die Module auf dem Markt sind alle ähnlich, da der überwiegende Teil in China in den gleichen Fabriken hergestellt wird. Da der Wechselrichter das Herzstück der Anlage ist, sollte man Wert auf einen guten  etablierten Markenhersteller legen.

Es gibt mittlerweile auch die Möglichkeit den selbstproduzierten Strom an Nachbarn oder Verwandte zu verkaufen. Das kann sich für beide Seiten lohnen, denn die Einspeisevergütung sinkt immer mehr. 

Vielen Dank für das Interview!

 

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Photos: pixabay.com und Ester Karl