Ein großer Knackpunkt der Energie- und Klimawende ist die Wiederverwendung von Baustoffen, um Ressourcen und CO2 einzusparen. Das Recycling von Baustoffen gewinnt dadurch immer mehr an Bedeutung. Hier erfährt ihr mehr über die Kreislaufwirtschaft in der Baubranche und Möglichkeiten Baustoffe zu recyceln.
Die Bauwirtschaft ist mit 517 Mio. t mineralischer Rohstoffe der ressourcenintensivste Wirtschaftszweig in Deutschland. Hinzukommen 5,5 Mio. t Baustahl, 26,6 Mio. t Zement und rund 13,4 Mio. m3 Holz, die jedes Jahr verbaut werden. Durch Abriss und Umbauten, aber auch durch Verschnitt und Falschberechnungen von Mengen fallen jedes Jahr ca. 218,8 Mio. t Abfall alleine in der Bauindustrie an. Davon sind 59,8 Mio. t Bauschutt, 0,6 Mio. t Bauabfälle auf Gipsbasis und 14,0 Mio. t Baustellenabfälle.
Diese Mengen sind eine enorme Herausforderung für die Abfallentsorgung, denn bei vielen Bauprodukten gibt es jetzt schon gravierende Probleme bei der Entsorgung oder Deponierung, was sich in Zukunft zusätzlich verschärfen wird. Wer jetzt ein Haus baut oder saniert, sollte sich schon während der Planung Gedanken über die Entsorgung von Baustoffen machen, auch um spätere Mehrkosten zu vermeiden.
Inhalt
Baubranche in der Klimawende
Die Baubranche ist der entscheidende Wirtschaftszweig, ob Deutschland das Pariser Klimaabkommen (die Erderwärmung auf 1,5°C zu beschränken) einhalten kann oder nicht. Der Bau- und Gebäudebereich ist für 38% des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich. Zusätzlich werden hier die meisten Ressourcen verbraucht.
Ein wesentlicher Faktor ist die CO2-intensive Herstellung von vielen Bauprodukten. Der CO2-Abdruck vieler Baustoffe kann durch Wiederverwendung und Recycling signifikant reduziert werden. Da zusätzlich auch viele Rohstoffe endlich sind, wird die Baubranche in Zukunft immer mehr auf Recycling setzen müssen.
Die Baubranche steht daher vor einem großen Umbruch, der aber für Natur und Mensch eine große Chance sein kann. Die derzeitigen Entwicklungen durch die steigenden Bau- und Energiepreise werden den Umbau zu einer klimafreundlichen Baubranche sogar noch beschleunigen.
Auf unserer Übersichtsseite „Nachaltigkeit“ findest du alle Artikel zum Thema Energieeffizientes Bauen, Wohngesundheit und Ökobilanzen.
Wer weitere Informationen über klimaneutrales und nachhaltiges Bauen sucht, findet diese in unserem E-Book „Nachhaltig Bauen“.
Baupreisentwicklung – Ressourcenverknappung, CO2-Steuer, Covid-Einschränkungen
Die steigenden Baupreise hängen hauptsächlich mit der weltweit erhöhten Nachfrage nach Baustoffen bei gleichzeitiger Verknappung durch Lieferengpässe zusammen. Diese Lieferengpässe sind teilweise auf die Einschränkungen durch das Coronavirus SARS-CoV-2, aber auch auf die Verknappung von Ressourcen, sowie die Einführung einer CO2-Steuer und steigenden Energiepreisen zurückzuführen. Warum vor allem Holz, welches es in Deutschland und Österreich reichlich gibt, hierzulande ein knappes Gut ist, ist im Beitrag über den Baustoff Holz nachlesen.
Die steigenden Energiepreise betreffen die Baubranche doppelt. Zum einen ist die Herstellung vieler Baustoffe, z.B. Zement, sehr energieintensiv und zum anderen wird die Versorgung von Haushalten mit Energie immer kostenintensiver. Das verteuert die Bauprodukte und das Wohnen zusätzlich.
Die Verteuerung von Bauprodukten wird sich durch die Anforderungen an den Klimaschutz anfänglich verschärfen, weil teilweise erst neue Verfahren und Technologien entwickelt werden müssen, bzw. der Markt für bestimmte nachwachsende Rohstoffe erst ausgebaut werden muss. Durch die Nutzung von vorhandenen und lokalen Ressourcen und den Einsatz von erneuerbaren Energien kann diese Entwicklungen gestoppt oder sogar umgekehrt werden.
Ziele für eine nachhaltige Baubranche
Durch einen zeitnahen Umbau der Baubranche können wir die Klimaschutzziele erreichen, hierzu gehören:
- klimaneutrale Baustoffe
- energieeffiziente Technologien
- mehr Umbau statt Neubau
- Zersiedelung vermeiden
- eine funktionierende Kreislaufwirtschaft
Im Weiteren geht es nun um die Kreislaufwirtschaft und das Recycling von Baustoffen.
Kreislaufwirtschaft in der Baubranche
Die Einführung einer Kreislaufwirtschaft ist ein wichtiger Weg, den Klima-, Umwelt- und Ressourcenschutz voranzutreiben. Das große Ziel ist eine Kreislaufwirtschaft, in der alle Produkte möglichst lange verwendet und häufig wiederverwendet werden.
In Deutschland setzt das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) europäische Anforderungen in deutsches Recht um. In Österreich ist es das Abfallwirtschaftsgesetz von 2002 und angegliederte Richtlinien. In der Schweiz wird auch eine Kreislaufwirtschaft angestrebt, siehe hier.
Konkret bedeutet die Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft:
- Produkte müssen reparaturfreundlich sein.
- Produkte, die nicht mehr benötigt werden müssen gesammelt und erfasst werden.
- Produkte müssen zur Wiederverwendung aufbereitet werden.
- Gebrauchte Produkte müssen zurück auf den Markt gelangen.
Für die Baubranche kann das folgendermaßen aussehen:
- Abriss soll weitestgehend vermieden werden und ggf. sogar genehmigungspflichtig werden. Wenn abgerissen werden muss, sollen die Baustoffen möglichst sortenrein sortiert werden und entweder der Wiederverwendung oder dem Recycling zugeführt werden.
- Der Umbau wird immer wichtiger werden. Rein rechnerisch hat Deutschland genug Wohnraum und die Möglichkeit bestehende Gebäude aufzustocken, um den Wohnraumbedarf zu decken. Umbauten sollten möglichst mit der Wiederverwendung von Baustoffen umgesetzt werden. Wenn neue Baumaterialien benötigt werden, sollten diese aus Recyclingmaterial oder aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen.
- Neubauten sollten nur noch in Ausnahmefällen möglich sein. Diese sollten komplett aus wiederverwendeten, recycelten und/oder nachwachsenden Rohstoffen bestehen. Neubauten sind besonders kritisch, weil der Rohstoffeinsatz enorm groß ist und diese zur Flächenversiegelung beitragen.
Der wichtigste Schritt für die Kreislaufwirtschaft ist der zerstörungsfreie und sortenreine Ausbau von Werkstoffen. Verbundwerkstoffe haben daher gravierende Nachteile und sollten in Zukunft so wenig wie möglich zum Einsatz kommen.
Urban Mining
Die Kreislaufwirtschaft und die Vermeidung von Verbundwerkstoffen ist eine große Chance, denn unser Gebäudebestand ist das größte Rohstofflager der Welt und durch sogenanntes Urban Mining können wir das sinnvoll nutzen. Urban Mining bedeutet, dass die Rohstoffe für neue Gebäude oder Umbauten aus den bestehenden Gebäuden, z.B. welche, die abgerissen werden müssen, gewonnen werden.
In dem Zusammenhang wäre es optimal, wenn Häuser eine Art Baustoffpass bekommen würden, in dem klar gelistet ist, welche Ressourcen verbaut wurden. So wird ein möglicher Abriss und eine sinnvolle Verwendung der wiedergewonnenen Ressourcen vereinfacht.
Einzelne Bauteile oder die Roh- bzw. Baustoffe können dann über Baustoffbörsen weiterverkauft werden.
Recycelbarkeit von Baustoffen
Der Fokus bei der Auswahl von Baustoffen, sollte auf Materialien liegen, die gut wiederverwendet oder recycelt werden können. Einer der sinnvollsten Ansätze, um die Müllentsorgung im Bauwesen zu verbessern, ist die Verwendung von ökologischen, natürlichen Baustoffen, die entweder der Natur wieder zurückgeführt werden können oder nahezu unendlich recyclingfähig sind. Zum Beispiel kann unbehandeltes Holz verrotten, Lehm wiederverwendet und Stahl wieder eingeschmolzen werden.
Problematisch für das Recycling sind vor allem Verbundwerkstoffe, die nicht sortenrein getrennt werden können wie beispielsweise diverse Wärmedämmverbundsysteme. Diese Stoffe müssen bei sehr hohen Temperaturen verbrannt werden und setzen viele Schadstoffe frei.
Das Recycling von Baustoffen wird in den nächsten Jahren immer weiter ausgebaut werden. Für die verschiedenen Baustoffe sind die Recycling- oder Wiederverwendungsmöglichkeiten aber immer noch sehr unterschiedlich. Für manche Baustoffe ist eine Wiederverwendung schon seit vielen Jahren Alltag und für andere Baustoffe müssen neue Methoden erst noch gefunden werden. Viele Baustoffe, die auch in Zukunft aufwendig für das Recycling sind, werden voraussichtlich in den nächsten Jahren vom Markt gedrängt werden.
Mehr Infos zu insgesamt 40 Baustoffen und deren richtige Entsorgung sind hier zu finden:
Recycling Baustoffe kaufen und verkaufen
Baustoffbörsen werden in Zukunft immer wichtiger werden. Für Bauherr*innen sind Baustoffbörsen aber auch jetzt schon eine gute Chance Baustoffe günstig zu erwerben und Restbaustoffe wieder zu verkaufen. Vor allem für die Sanierung von Denkmalgeschützen Häusern ist die Suche nach epochengemäßen Baustoffen über diese Plattformen sinnvoll.
Im Internet finden sich jetzt schon unzählige Möglichkeiten um Recycling Baustoffe zu kaufen auch zu verkaufen. Viele Gemeinde bieten auch lokale Baustoffbörsen an. Es lohnt sich daher auch eine lokale Suche nach Baustoff- oder Bauteilbörsen. Aber auch auf den großen Börsen kann man fündig werden:
- Deutschlands größter Marktplatz (ebay.de)
- Österreichs größter Marktplatz (willhaben.at)
- Schweizer Marktplatz (ricardo.ch)
Ein weiteres Problem sind die Abfallmengen bzw. Ressourcenverschwendung durch Verschnitt und überschüssiges Baumaterial, welche nicht mehr in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt wird. Das kann vor allem durch ein intelligentes Baustellenmanagement und Mengen-Controlling effektiv verringert werden. Auch Baustoffbörsen können helfen, überschüssiges Baumaterial vor dem Abfallcontainer zu bewahren.
Bauabfälle in Recyclinghöfen entsorgen
Vorab sortierten Bauabfälle werden in Recyclinghöfen entsorgt. Dafür sind je nach Abfallart Gebühren zu zahlen. Beispiel hierfür sind Bauschutt, Holz, Eisen-Schrott, Verpackungsmüll, Glas etc. Mehr dazu im Beitrag Bauabfall entsorgen.
Die Kosten für diverse Entsorgungs-Contianer in deiner Region kannst du hier sehen und auch direkt online bestellen:
- Bauschuttcontainer (online bestellen bei ecoservice24)
- Baumischabfall Container (online bestellen bei ecoservice24)
- Sperrmüllcontainer (online bestellen bei ecoservice24)
- Grünschnittcontainer (online bestellen bei ecoservice24)
Recycling von PV-Anlagen
Zurzeit erreichen die ersten Solarmodule das Ende ihrer mindestens 25-jährigen Lebensdauer. 2015 wurden schon 15.000 Tonnen Module verschrottet.
PV- Module fallen unter die EU-Richtlinie 2002/96/EG zum Recycling von Elektroschrott (WEEE), die verlangt, dass 85 % aller Module von den Händlern wieder eingesammelt werden müssen und 80% recycelt werden sollen. In Deutschland wird diese Richtlinie mit dem Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) umgesetzt.
Die Module enthalten wertvolle Rohstoffe wie z.B. Silizium. Aber auch das verbaute Glas kann recycelt werden. Zur Vereinfachung haben sich die meisten Photovoltaik-Anbieter den europäischen Sammelsystem PV-Cycle angeschlossen. Dieser bietet je nach Menge der Module Sammelstellen oder Abholung an. Der Bundesverband Solarwirtschaft hat ein Hinweispapier zum „sicheren Umgang mit PV-Altmodulen“ herausgegeben.
Für Österreich gilt dasselbe. Die Händler müssen alle Module, die nach dem 30.06.2014 in Verkehr gebracht wurden, unentgeltlich zurücknehmen. Für ältere Module gilt das nur bei einem Austausch.
In der Schweiz sollten sich die Besitzer einer PV-Anlage ebenfalls an die Installation- oder Vertriebsfirma wenden. Hier kann es allerdings zu Entsorgungskosten kommen.
Das Recycling der PV Module erreicht jetzt schon 80%, da die Hauptstoffe Glas, Aluminium und Kunststoff mit heutigen Technologien gut recyclebar sind. Solarzellen enthalten aber auch Silizium und andere inerte Metalle, die theoretisch auch schon recycelt werden können, was aber aus wirtschaftlichen Gründen noch nicht konsequent umgesetzt wird.
Zurzeit halten sich die Mengen an ausgedienten PV-Modulen noch in Grenzen, aber die Anzahl steigt jährlich und die Recyclingverfahren werden kontinuierlich weiterentwickelt.
Recycling von Altholz
Für das Recycling von Holz kommt es auf die Verarbeitung an. Unbehandeltes Holz kann nahezu endlos wiederverwendet werden, bzw. können neue Produkte daraus entstehen.
Gehäckselt kann Holz für die Herstellung von verschiedenen Holzprodukten wie Spanplatten und ähnliches verwendet werden. Behandelte Holzprodukte können thermisch verwertet werden. Es gibt spezielle Müllverbrennungsanlagen, die auf die thermische Verwertung von Altholz ausgelegt sind.
Interessant ist, dass für die Verstromung von fester Biomasse, wozu auch Holz gehört, in Zukunft ein Nachweis über die nachhaltige Holzgewinnung erbracht werden muss, die aber für den Baubereich nicht gilt. Das heißt thermisch verwertetes Altholz zur Stromgewinnung wird generell als nachhaltig angesehen.
Altholz wird in 4 Gruppen eingeteilt und sollte danach sortiert werden:
- nicht behandeltes Altholz (A1): Paletten, Transportkisten, Bauholz, im Grunde genommen alle naturbelassenen Hölzer ohne Klebstoffe, Lasuren, Imprägnierungen oder ähnlichem.
- Behandeltes Altholz (AII): Paletten aus Holzwerkstoff, Schallhölzer, Bauholz, etc.
- Belastetet Altholz (AIII): Paletten aus Verbundmaterial, Altholz aus Sperrmüll, etc.
- Besonders belastetes Altholz (AIV): Dachstühle, Fenster, etc.
Entsorgung Erdaushub
Der Abtransport von Erdaushub wird immer komplizierter, da die Deponierungskapazitäten stark gesunken sind. Daher können die Kosten von Region zu Region sehr unterschiedlich sein. Am besten sollte man sich vor Baustart beim Landratsamt, der Stadt oder der Gemeinde über die lokalen Bedingungen und Preise erkundigen. In vielen Gemeinden gibt es Erdaushubbörsen. Auf Grund der Kapazitätsengpässe der Deponien versuchen die Landkreise eine ortsnahe Verwendung von unbelasteten Böden zu erreichen.
Damit keine unerwarteten Kosten entstehen, sollte vor Baubeginn die Preise und Mengen mit dem Erdbauunternehmen schriftlich festgehalten werden.
Als erstes ist die Bestimmung der Bodenklassen wichtig:
- Z0: unbelasteter Boden (Einbau uneingeschränkt möglich)
- Z1: Einbau nur eingeschränkt zugelassen
- Z2: Einbau nur sehr eingeschränkt zu gelassen
Unbelasteter Boden kann nach Absieben von Steinen wiederverwendet werden. Viele private Kies- und Sandgruben bieten diesen Service an. In der Regel gilt dies aber nur für Ober- bzw. Mutterboden. Die Bodenklassen Z1 und Z2 müssen einer Wiederverwendung vorbehandelt werden. Das kann je nach Verunreinigung durch eine Wäsche oder mikrobiologische Dekontaminierung in einer Bodenbehandlungsanlage erfolgen.
Wichtig ist, dass der Erdaushub nicht mit großen Steinen (größer als 10cm), Grasnarbe, Bauschutt, Wurzeln, Ästen und sonstigem Müll (Metall, Kunststoffen, Holz etc.) vermischt ist. Ganz wichtig ist auch, dass Böden unterschiedlicher Bodenklassen nicht vermischt werden, da sonst die Entsorgungskosten sehr stark ansteigen können, weil dann immer die höchste Bodenklasse zählt.
Kleinere Mengen Erdaushub nehmen ggf. auch die lokalen Wertstoffhöfe an. Es gibt auch Big Bags oder Container, die mit Erde gefüllt werden können und dann von einem Unternehmen abgeholt werden. Bei einem Hausbau fallen in den meisten Fällen größere Mengen an, die mit Baggern und Kippladern ausgehoben und abtransportiert werden sollten. Gerade bei einer Hausplanung mit Keller sollte genug Geld für den Erdaushub und die Folgekosten eingeplant werden. In den meisten Fällen muss auch nicht das komplette Volumen abtransportiert werden, sondern der Oberboden wird für eine später Verwendung, z.B. für Auffüllungen der Baugruppe oder Anlegen des Gartens, zur Seite geschoben.
Autorin: Ester Karl
Foto: pixabay