Energieeffiziente Neubauten sind heutzutage so dicht, dass kein natürlicher Luftaustausch mehr stattfinden kann. In diesen Fällen sollte der Einbau einer Lüftungsanlage ernsthaft in Betracht gezogen werden. Wir stellen euch die verschiedenen Arten von Lüftungsanlagen vor und mit welchen Vor- und Nachteilen ihr rechnen müsst.

Warum werden Lüftungsanlagen eingebaut?

Damit ein Haus möglichst energieeffizient ist, wird die Gebäudehülle bei Neubauten und Sanierungen sehr dicht ausgeführt, damit keine Wärme über Ritzen und andere Undichtigkeiten verloren geht. Das hat den Nachteil, dass keine natürliche Lüftung, wie in alten Gebäuden über Ritzen und Undichtigkeiten, stattfinden kann. Daher muss ein dichtes, energieeffizientes Gebäude viel öfter gelüftet werden als ein undichter Altbau. Hier mehr zum Thema Dichteit von Gebäuden.

In dichten Räumen kann sich durch den Aufenthalt die CO2-Konzentration erhöhen und zu gesundheitlichen Problemen führen. Hinzu kommt, dass sich Feuchtigkeit ansammeln kann und zu Schimmel führt. Je nach Art der Dämmung oder Ausführung der Gebäudeaußenhülle ist auch keine Diffusionsoffenheit gegeben und verstärkt die Anreicherung von Feuchtigkeit im Innenraum. Aus diesen Gründen wird empfohlen die Raumluft mindestens 3-mal am Tag vollständig auszutauschen. Das wird im Alltag oft nicht korrekt umgesetzt und sollte idealerweise daher von automatischen Lüftungsanlagen übernommen werden.

Eine Lüftungsanlage sorgt für einen kontinuierlichen Luftaustausch und hilft somit Schadstoffe aus der Luft abzuführen und Schimmel zu vermeiden. Auch mit einer Lüftungsanlage darf zusätzlich manuell gelüftet werden, wodurch aber einige Vorteile der Lüftungsanlage verloren gehen. Eine Lüftungsanlage sollte so bemessen sein, dass pro Stunde und Person ein Luftaustausch von mindestens 30 Kubikmetern durchgeführt wird.

Für bestimmte Gebäudearten, wie z.B. Passivhäuser oder den Erhalt von Förderungen sind Lüftungsanlagen zwingend erforderlich. Eine Übersicht zu all unseren Beitrögen rund um Nachhaltigkeit und Energieeffizienz findest du hier.

Welche Vor- und Nachteile haben Lüftungsanlagen?

Welche Vorteile haben Lüftungsanlagen?

  • Kontinuierliche und automatische Lüftung: die Lüftung der Räume muss nicht mehr manuell durchgeführt werden, sondern erfolgt kontinuierlich und automatisch Tag und Nacht über die Lüftungsanlagen.
  • Bedarfsgerechte Lüftung: die Lüftungsanlage kann nach Bedarf eingestellt werden. Z.B. wenn man in Urlaub ist auf eine Minimallüftung und wenn viele Gäste eingeladen auf der höchsten Einstellung.
  • Schutz vor Feuchteschäden und Schimmel: durch das kontinuierliche Abführen von Feuchtigkeit trägt eine Lüftungsanlage zum Schutz vor Feuchteschäden und Schimmel bei.
  • Ablüften von Schadstoffen: durch die kontinuierliche Lüftung werden auch kontinuierlich Schadstoffe, die durch die Ausatmung der Bewohner und z.B. auch durch das Ausdünsten der Inneneinrichtung entstehen, abgelüftet.
  • Einsatz von Luftfilter: Die Luftfilter der Lüftungsanlagen halten Pollen, Staub und Insekten aus dem Wohnraum.
  • Wärmerückgewinnung: Durch eine integrierte Wärmerückgewinnung können die Verluste von Heizenergie stark reduziert werden.
  • Besserer Schallschutz: Die Nutzung einer Lüftungsanlage erhöht den Schalschutz während des Lüftungsvorganges im Vergleich zu einem geöffneten Fenster.
  • Einbruchschutz: Ebenso wird durch das nicht mehr notwendige öffnen eines Fensters der Einbruchschutz erhöht.

Welche Nachteile haben Lüftungsanlagen?

  • Höhere Investitionskosten: Die Anschaffungskosten betragen mehrere tausend Euro.
  • Nachrüstung aufwendig: Zentrale Lüftungsanlagen können nur bei ausreichendem Platz nachgerüstet werden.
  • Regelmäßige Wartung und Filterwechsel: Damit die Anlagen problemlos funktionieren und hygienisch Arbeiten, müssen diese regelmäßig gewartet und gereinigt werden. Die Filter sollten jährlich gewechselt werden.
  • Geräusche von Ventilatoren: Die Ventilatoren machen Geräusche. Das ist vor allem bei dezentralen Anlagen ein Problem.
  • Höhere Stromkosten: Die Anlagen werden mit Strom betrieben. IdR übersteigen aber die Einsparungen der Heizenergie die Stromkosten für den Betrieb der Anlagen.

Welche Arten von Lüftungsanlagen gibt es?

Es gibt verschiedene Arten von Lüftungsanlagen. In alten Gebäuden gibt es auch noch sogenannte Kölner Lüftungen, die die Räume über Zu- und Abluftschächte entlüften. Diese Art der Lüftung entspricht aber nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik. Als erstes wird zwischen einer zentralen und einer dezentralen Anlage unterschieden. Beide Systeme sind ventilatorgestützt und elektrisch. Beide Anlagen mit einer Wärmerückgewinnung ausgestattet sein. Zusätzlich gibt es noch Abluftanlagen und Push-Pull-Geräte.

Zentrale Lüftungsanlage

Bei der zentralen Lüftungsanlage steht eine große Anlage zentral auf dem Dachboden, dem Keller oder einem Nebenraum und tauscht die Luft über ein Röhrensystem aus. Die Frischluftzufuhr in den einzelnen Räumen ist manuell steuerbar.

Gegenüber einer dezentralen Lüftungsanlage hat die zentrale Lüftungsanlage folgende Vor- und Nachteile:

Vorteile:

  • Das Lüftungsgerät befindet sich außerhalb des Wohnraumes, was weniger Geräuschbelastung erzeugt
  • Der Wartungsaufwand ist geringer, da nur ein Gerät gewartet und gereinigt werden muss.
  • Der Stromverbrauch kann ggf. geringer sein, da nur ein Ventilator betrieben werden muss.
  • Die Zuluft ist klimatisierbar.

Nachteile:

  • Die Investitionskosten sind höher, da Lüftungskanäle durch das ganze Haus verlegt werden müssen.
  • Der Platzbedarf ist größer.
  • Durch die Lüftungskanale ist der bauliche Aufwand höher und eine Nachrüstung oft nur schwer umzusetzen.
  • Der Planungsaufwand ist höher.
  • Die Reinigung der Lüftungsrohre kann ggf. sehr aufwendig und teuer sein.

Dezentrale Lüftungsanlage

Bei einer dezentralen Lüftungsanlage werden in den einzelnen Räume eine oder mehrere kleine Anlagen in den Außenwänden installiert. Sie eignen sich besonders gut für die Nachrüstung und in Räumen, in denen dauerhaft eine hohe Luftfeuchtigkeit abgeführt werden muss. Gegenüber einer zentralen Lüftungsanlage hat die dezentrale Lüftungsanlage folgende Vor- und Nachteile:

Vorteile:

  • Die Investitionskosten sind geringer gegenüber der zentralen Lüftungsanlagen, hängt aber von der Anzahl der benötigten Lüfter ab.
  • Der Einbau ist unkompliziert und ist besonders gut für das Nachrüsten in Bestandsgebäuden geeignet.
  • Es wird kein zusätzlicher Platz für die Geräte oder die Kanäle benötigt.

Nachteile:

  • IdR ist pro Raum ein Lüftungsgerät notwendig. Bei großen Räumen ggfs. sogar mehrere.
  • Die Ventilatoren können je nach Einstellung laute Geräusche abgeben.
  • Der Wartungsaufwand ist höher, da die Filter in jedem einzelnen Gerät ausgewechselt werden müssen. Ebenso muss jedes Gerät gereinigt und überprüft werden.

Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung

Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung sind heute Standard. Sie haben einen integrierten Wärmetauscher, der die Wärme der Innenluft auf die kalte Außenluft überträgt. Das nennt man auch Komfortlüftung, da kein kalter Luftzug durch die Lüftungsanlage entsteht. Ebenso wird so die benötigte Heizenergie reduziert. Das bietet einen enormen Vorteil gegenüber der manuellen Lüftung über geöffnete Fenster. Moderne Geräte erreichen mittlerweile eine Wärmerückgewinnung von über 90%. Es gibt auch Anlagen mit einer Feuchterückgewinnung, sogenannte Enthalpietauscher, damit im Winter die Luftfeuchtigkeit nicht unter 30% abfällt, was zu gesundheitlichen Problemen führen kann.

Im Sommer wird idR der sogenannte Sommerbypass genutzt, damit die warme Zuluft nicht noch zusätzlich weiter erwärmt wird. Der einzige Nachteil von Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung sind die höheren Investitionskosten. Es gibt aber Förderprogramme (siehe weiter unten), die diesen Nachteil gut ausgleichen. Die bayrische Staatsregierung hat einen Leitfaden „Richtig lüften mit Komfortlüftungsanlagen“ zusammengestellt.

Es besteht auch die Möglichkeit die Zuluft durch Erdwärme mit Hilfe eines Erdwärmetauschers aufzuheizen. Die separate Investition dafür ist sehr hoch. Naheliegender ist die Kombination mit einer Erdwärmepumpe für die Heizung und die Warmwasseraufbereitung.

Eine weitere Möglichkeit ist die Kombination von Lüftungsanlagen mit einer Abwärmepumpe in Kombination mit Heizung und Brauchwasserspeicher. Dabei wird mit der zurückgewonnenen Wärme aus der Abluft das Heiz- und Brauchwasser erwärmt. Das funktioniert ähnlich wie bei einer Wärmepumpe.

Abluftanlagen

Abluftanlagen erzeugen einen Unterdruck im Raum, wodurch die Abluft Auslässe in der Hauswand nach draußen strömt. Die Frischluft fließt durch Ritzen im Mauerwerk und an den Fenstern nach oder durch die Türe aus anderen Räumen. Der Einbau ist sehr einfach. Abluftanlagen können die Luftfeuchtigkeit aus Badezimmern und Küchen schnell und effektiv abführen und bieten so einen guten Schutz vor Feuchteschäden. Die Anlagen sind allerdings schlecht steuerbar und die Zuluft entspricht idR der Außentemperatur.

Abluftanlagen können aber auch mit Zuluftanlagen kombiniert werden. Dafür werden die Zuluftanlagen in den Wohnräumen eingebaut, die dadurch kontinuierlich mit Frischluft versorgt werden. Filter halten Pollen, Staub und Insekten ab. Die Abluft wird über die Abluftanlagen in Küchen und Bädern nach draußen abgeführt. Damit dieses System funktioniert müssen die Türen mit Durchströmgittern versehen sein, was den Schallschutz innerhalb der Wohnräume beeinträchtigt. Die Zuluft entspricht idR der Außentemperatur und die Durchströmung der Räume sollte so eingestellt werden, dass keine unangenehme Zugluft entstehen kann. Für eine stärkere Luftzirkulation können Ventilatoren mit eingeplant werden.

Push-Pull-Geräte

Eine Sondervariante von dezentralen Lüftungsanlagen sind Push-Pull-Geräte, bei denen abwechselnd über den gleichen Ventiltor die Luft dem Raum entzogen und wieder zugeführt wird. Diese Geräte sind auch mit einem Wärmetauscher ausgestattet, der während der Abluftphase aufgeladen wird und während der Zuluftphase die Außenluft aufwärmt. Da keine kontinuierliche Lüftung entsteht, müssen diese Geräte 30 bis 70 Prozent mehr Luft bewegen und haben dadurch auch einen höheren Strombedarf. Ein weiterer Nachteil ist, dass diese Geräte zB nicht in der Küche eingesetzt werden können, da die Abfuhr von Gerüchen nicht funktioniert.

Wird die Lüftungsanlage gefördert?

Lüftungsanlagen haben eine einmalige hohe Investitionssumme (zwischen 4.500 und 9.000€ für ein Einfamilienhaus) und dann jährlich laufende Kosten bestehend aus Stromkosten (zwischen 40 und 70€) Wartung, Filterwechsel und Reinigung (ca. 40€). Im Gegenzug dazu stehen die Einsparungen der Heizenergie durch Anlagen mit Wärmerückgewinnung. Genau diese Lüftungsanlagen werden durch verschiedene Programme gefördert. Unter anderem werden Lüftungsanlagen von der KfW, der Bafa und auch regional gefördert. In dem Förderratgeber „Lüftungsanlagen“ findest du alle Informationen zu den aktuellen Förderungen.

Was muss während dem Betrieb der Lüftungsanlage beachtet werden?

Regelung der Lüftungsanlage: Der Betrieb hängt von der Bauart und Ausstattung ab. IdR sind Lüftungsanlagen manuell regulierbar. Bei dezentralen Anlagen kann jede Anlage individuell für jeden Raum eingestellt werden. Es gibt dezentrale Anlagen mit automatischen Betriebsmodi, die über einen Feuchtemesser oder einen CO2-Sensor die Ab- und Zuluft steuern. Bei zentralen Lüftungsanlagen wird die Grundlüftung am Gerät zentral für das ganze Gebäude eingestellt und in den Räumen kann die Luftzufuhr individuell geregelt werden.

Hygiene, Reinigung, Wartung der Lüftung: Der Filterwechsel sollte am Besten vor der Heizperiode durchgeführt werden. Grobfilter sollten ein bis dreimal im Jahr gereinigt oder gewechselt werden, Feinfilter mindestens einmal im Jahr. Die Wärmetauscher können mit einem Duschkopf durchgespült werden. Die Blenden und Abläufe können mit einem feuchten Tuch nach Sichtprüfung gereinigt werden. Zusätzlich wird alle paar Jahre wird eine proffesionelle Wartung und Reinigung der Anlage und Rohrleitungen empfohlen.

Lüftung und offener Kamin: Wenn neben der Lüftungsanlage auch ein offener Kaminofen im Raum vorhanden ist, ist äußerste Vorsicht angesagt. Denn wenn der Unterdruck der Wohnraumlüftung höher wird als jener im Kamin, werden die Rauchgase in den Raum hinein gesaugt. Hier müssen spezielle Geräte eingebaut werden um das zu verhindern. Zum Beispiel ein Unterdruckwächter, der die Wohnraumlüftung bei Unterdruckproblemen automatisch ausschalten. Für zusätzliche Sicherheit kann auch noch CO-Melder im Raum eingebaut werden.

Lüftung und Dunstabzug: Auch eine normale Dunstabzughaube kann den Luftstrom der Lüftungsanlage beeinflussen. Umluft-Dunstabzugshauben hingegen arbeiten druckneutral (ohne Zu- und Abluft) und beeinträchtigen den Luftstrom der Wohnraumlüftung daher nicht. Allerdings bleibt bei diesen Lüftungen die Feuchtigkeit im Raum, nur Gerüche und Fette werden aus der Luft gefiltert.

 

Autorin: Ester Karl

Foto: baugorilla