Dürfen im Neubau Risse in der Bodenplatte oder anderen Beton-Bauteilen vorkommen? Welche Risse im Beton sind zulässig und welche nicht? Hier erfährst du die wichtigsten Fakten.

Wer ein Haus baut und bei seinem Neubau Risse in der Bodenplatte oder in einem anderen Beton-Bauteil bemerkt wird sich vermutlich zuerst mal schrecken. Doch das muss noch nicht unbedingt schlimm sein. Bis zu einem gewissen Ausmaß sind Risse im Beton in Ordnung – auch bei einem Neubau. Je nachdem um welches Bauteil es sich handelt und wie die Risse sind, kann es sich um zulässige oder unzulässige Risse handeln.

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Zulässige Risse im Beton

Wenn ein normaler Stahlbetonbauteil also eine Wand oder Decke minimale Risse hat ist das Ok. Eine Stahlbetondecke muss in einem gewissen Umfang sogar reißen – weil Beton keine Zugspannung aufnehmen kann, sondern nur der innenliegende Stahl. Damit der Stahl mitträgt muss der Beton reißen. Die Risse müssen allerdings im Rahmen bleiben und dürfen nicht zu groß werden. Außerdem sollten sie über das ganze Bauteil gut verteilt sein.

Ob Betonrisse nun zulässig sind oder nicht hängt also von der sogenannten Rissbreite ab. Als Faustregel für normale Betonbauteile ohne besondere Anforderungen gilt: im Innenraum sollen die Risse kleiner sein als 0,4mm und im Außenbereich kleiner als 0,2mm. Die Rissbreite kann man mit einem einfachen „Risslineal“ messen. Viele, dünne Bewehrungsstähle ergeben viele dünne Betonrisse (was gut ist). Wenige dicke Bewehrungsstähle sind schlechter, damit entstehen wenige dafür breite Risse.

  • Außenbereich: Rissbreite < 0,2mm
  • Innenbereich: Rissbreite < 0,4mm

Beton Risse beim Trocken und Abbinden – Schwindrisse

Beim Trocknen und Erhärten von Beton (wird auch Abbinden genannt) wird aus dem Frischbeton der Festbeton. Während dieses Abbindens können leicht Risse entstehen. Gründe dafür sind: das Setzen der Schalung, starke Temperaturänderungen sowie zu rasches austrocknen.

Maßnahmen gegen solche Risse sind:

  • Starke Temperaturänderungen erzeugen Spannungen im Beton und führen somit zu Rissen. Bei besonders dicken, massigen Betonteilen entsteht beim Abbinden des Zements besonders viel „Hydratationswärme“. Das heißt, durch den chemischen Abbinde-Prozess erwärmt sich der Beton – wenn zusätzlich die Außentemperatur kühl ist kommt es zu inneren Spannungen und es entstehen Rissen. Aber auch bei nicht so dicken Bauteilen kann es aufgrund von Temperaturänderungen zu Rissen im jungen Beton kommen. Zum Beispiel an heißer Sommertagen oder in kalten Nächten. Besonders in den ersten Tagen soll der Beton daher vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt werden (zB. mit einer hellen Folienabdeckung). Ebenso soll der Beton anfangs vor Kälte geschützt werden, zum Beispiel mit einer wärmedämmenden Matte.
  • Zu rasches Austrocknen muss ebenfalls vermieden werden. Wind oder trockene Luft trocknen den feuchten Beton zu schnell aus und führen so ebenfalls zu Rissen. Der Frische Beton sollte also auch vor Zugluft geschützt sein. Aber auch ein Nachbehandlung des Betons kann helfen Betonrisse durch austrocknen zu vermeiden. Wenn schon Trocknungsrisse entstanden sind, können die unter Umständen noch direkt nach ihrem Auftreten durch eine Nachverdichtung wieder geschlossen werden. So etwas kann zum Beispiel durch einen Oberflächenrüttler erfolgen.
  • Schwindrisse im Beton: beim Erhärten des Betons „schwindet“ er. Das heißt, dass das Volume kleiner wird. Normalerweise entstehen dadurch keine Risse, wenn sich der Beton einigermaßen frei bewegen kann. Wenn allerdings irgendwo Zwangspunkte sind – an denen sich der Beton nicht frei bewegen kann – dann entstehen Risse. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein neuer Beton-Bauteil an einen alten bestehenden fix angebaut wird. Oder wenn die Bodenplatte mit dem Untergrund so verzahnt ist, dass sie sich nicht mehr bewegen kann. Das Zulassen von Verformungen ist daher hilfreich – zum Beispiel mit horizontale Lagerungsbedingungen von Bodenplatten, oder bei sehr langen/breiten/großen Bauteilen durch Fugen.

Risse in der Bodenplatte

Für Risse in der Bodenplatte im Beton gelten grundsätzlich die gleichen Voraussetzungen wie bei allen anderen Bauteilen. Als Richtwert kann man sagen, die Rissbreite soll kleiner sein als 0,2mm.

Wenn es sich jedoch um einen wasserundurchlässigen Beton handelt – eine so genannte weiße Wanne, dann gelten hier natürlich strengere Regeln. Denn das Betontragwerk muss dann auch unter Wasserdruck dicht sein. Der Beton, die Fugen, die Arbeitsfugen, alle Durchdringungen und die Risse müssen besondere Anforderungen an die Dichtheit erfüllen. Abhängig von der Bauteildicke und dem Wasserdruck liegen die zulässigen Grenzwerte der Rissweite bei 0,1 bis 0,2mm

Schwindrisse wenn die Bodenplatte sich möglichst frei bewegen kann. Es soll auf die horizontale Lagerung zum Erdreich geachtet werden – eine Verzahnung wirkt ungünstig.

Bei großen Betonflächen sind außerdem Fugen vorzusehen. Nach maximal 33x der Plattendicke soll eine einfache Schnittfuge gesetzt werden. Bei einer 30cm dicken Bodenplatte wäre die Platte also bis zu einer Länge von 10m ohne Fugen möglich, bei längerem Platten müssen hingegen Fugen eingebaut werden. Eine Schnittfuge trennt die Platte nicht völlig ab, sondern reicht meist nur rund bis zu 1/3 in die Platte hinein.

Risse im Sichtbeton

Sichtbeton

Wie der Name schon vermuten lässt geht es hier um sichtbare Betonoberflächen. In moderner Architektur wird Sichtbeton oft eingesetzt. Die Betonrezeptur, Schalung und Nachbehandlung von Sichtbeton muss dabei besonderen ästhetischen Anforderungen gerecht werden. Es ist also klar, dass hier Risse aus rein optischen Gründen nicht unbedingt erwünscht sind. Daher gelten auch hier strengere Regeln bezüglich der zulässigen Rissweite.

Risse in der Betondecke im Neubau

Eine Betondecke ist immer bis zu einem gewissen Grad gerissen. Denn an der Deckenunterseite kommt es zu Zugspannungen. Der Beton selbst kann keinen Zug aufnehmen, sondern nur Druck. Daher reißt der Beton an diesen Stellen und der Bewehrungsstahl kommt zum Tragen.

Die Rissweiten sind allerdings wieder begrenzt: im Außenbereich mit < 0,2mm und im Innenbereich mit < 0,4mm. Für Sichtbeton gelten auch hier wieder strengere Grenzwerte.

Zu frühes Ausschalen und die Wegnahme von Unterstellungen kann Risse in der Betondecke verursachen, die nicht sein dürfen. Beton erreicht sein volle Festigkeit erst nach rund 28 Tagen. Davor ist er noch nicht voll belastbar. Für Betondecken können die Fristen für das Ausschalen bei bis zu 20Tagen liegen.

Risse vermeiden und reduzieren

  • Eine richtige und gute Betonrezeptur und Verarbeitung sind Grundvoraussetzung.
  • Engmaschige und feingliedrige Bewehrungseisen sind gut. Es entstehen viele, gut verteilte, sehr dünne Risse. Im Gegensatz dazu sind wenige, dicke Bewehrungseisen schlecht für die Risse. Es entstehen wenige aber dafür breite Risse – dass soll unbedingt vermieden werden. Für normale Stahlbetondecken ist ein Bewehrungsnetz mit Stababständen von 10 bis 15cm üblich. Die Bewehrungseisen haben dabei Stabdurchmesser von üblicherweise 8 bis 16 mm. Dies gilt nur als grober Anhaltspunkt und ist natürlich für jeden Einzelfall vom Statiker zu bemessen.
  • Das Betonteil soll zu Beginn vor äußeren Witterungseinflüssen geschützt werden (hohe Temperaturschwankungen, direkte Sonneneinstrahlung, Wind, Regen etc.)
  • Die richtige Nachbehandlung des Betons kann wichtig sein.
  • Gut ist eine möglichst freie Verformbarkeit: zB. sollten große Beton-Bauteile durch Fugen unterteilt werden. Oder es solle die Bodenplatte so auf dem Untergrund gelagert werden, dass sie sich zu einem gewissen Grad bewegen kann und nicht mit dem Untergrund starr verzahnt ist.

In Bereichen wo dies nicht möglich ist, zum Beispiel wenn ein neuer Bauteil fix mit einem alten Bauteil verbunden wird, soll eine extra feinmaschige und zusätzliche Bewehrung gewählt werden.

Risse im Beton reparieren

Sind Risse durch Planungs- oder Ausführungsfehler entstanden. Und die Rissbreiten sind größer als die zulässigen Grenzwerte, dann muss etwas unternommen werden. Als Maßnahmen zum Reparieren von Rissen im Beton gelten:

  • Risse verfüllen. Dies kann mit unterschiedlichen Materialien erfolgen, zum Beispiel mit Epoxidharz, Polyurethanharz, Zementleim oder Zementsuspension.
  • Ebenso kann die ganze Oberfläche abgedichtet werden. Zum Beispiel durch eine Risse überbrückende Oberflächenbeschichtung oder aber auch durch eine vorgesetzte neue Betonschichte, die mit der ursprünglichen fix verdübelt und engmaschig bewehrte sein muss.

 

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